22. Dezember 2022
Bei dem psychografischen Pflegemodell nach Prof. E. Böhm® geht es vor allem um die Berücksichtigung der individuellen Biografie und Ressourcen des Menschen. Das macht die Arbeit nach Böhm® auch so besonders. Die oft vorhandenen Herausforderungen für einen Menschen mit Demenz, in der zeitlichen, räumlichen und situativen Orientierung werden in der Tagespflege aufgegriffen und möglichst beseitigt. Damit der Gast das Gefühl von etwas bekanntem bekommt, wird ihm eine Umgebung geboten, die den Prägungszeiten unserer Tagesgästen, also den 50er bis 60er Jahren entspricht. Im Fachjargon nach Böhm® die sogenannte „psychografische Milieugestaltung“.
Angebote werden gemacht, bei denen die Tagesgäste Tätigkeiten umsetzen können, die noch tief im Langzeitgedächtnis verankert sind. Konkret bedeutet das etwas umzusetzen, was noch gut gekonnt wird und so entsteht das Gefühl von „ich bin wichtig“. In diesem Zusammenhang erinnert sich Frau Ahrens an eine Dame, die gut stricken konnte. Kurzum setzte sich eine Mitarbeiterin zusammen mit der Dame hin und so wurde gemeinsam gestrickt. Fortan lag auf dem Platz der Dame das begonnene Werkstück und konnte weitergeführt werden, was diese auch immer wieder gerne annahm.
“Mit jedem Gast setzen wir eine individuelle psychobiografische Pflegeplanung um, die bei der Begrüßung am Morgen beginnt und mit der Verabschiedung am Nachmittag endet.“, so Birgit Ahrens.
Neben den bereits benannten Faktoren der psychobiografischen Milieugestaltung und Pflegeplanung, spielen für die erfolgreiche Zertifizierung auch die Aspekte des rehabilitativen Verhaltens aller Mitarbeiter:innen und das psychobiografische Normalitätsprinzip eine entscheidende Rolle. „So müssen nicht nur die Mitarbeiter:innen der Tagespflege an den Ressourcen der Gäste orientierten Zusammenarbeit interessiert sein, sondern auch das gesamte AGAPLESION Oberin Martha Keller Haus“, so Florian Scheib, Einrichtungsleitung. Dazu gehört auch, das Verhalten der Tagesgäste zu respektieren, gerade auch dann, wenn diese nicht mehr den heutigen Maßstäben entsprechen.
All diese Aspekte sorgen dafür, dass die Tagesgäste sich an- und aufgenommen fühlen. Um es mit den Worten einer Dame zu formulieren „Hier darf ich sein“. Das unterscheidet die Arbeit mit dem psychobiografischen Modell nach Böhm®, denn hier wird das Augenmerk auf die Fähigkeiten und nicht auf die Fehler der Menschen gelegt.
Dieses Angebot birgt für Angehörige und Mitarbeiter:innen Vorteile und Herausforderungen. Die Tagesgäste fühlen sich von den Mitarbeitern angenommen und verstanden, was die Zusammenarbeit für alle erleichtert. Für die Angehörigen bedeutet dies vor allem, dass sie die Möglichkeit bekommen während des Tages selbst aufzutanken und am Nachmittag jemanden wieder in Empfang nehmen dürfen, der deutlich ruhiger und gelassener nach Hause kommt.
Gerade in der hektischen Vorweihnachtszeit ist dies wichtig, für Menschen mit Demenz einen „Erinnerungs-Anker“ zu setzen, der Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt. Genau hier setzen die Mitarbeiter der Tagespflege an und gestalten auch dieses Jahr wieder eine Adventsfeier, die gleichermaßen für Gäste, Angehörige und Mitarbeiter:innen ein schönes und gemeinsames Fest darstellen wird.
In Vorbereitung zur Weihnachtsfeier wurden mit den Gästen Kleinigkeiten für ihre Angehörigen gebastelt, Plätzchen gebacken und gemeinsam der Weihnachtsbaum geschmückt. Frau Ahrens und ihre Mitarbeiter:innen freuen sich bereits auf dieses gemeinsame Fest, das sich anfühlt wie eine „große Familienfeier“, in der jeder sein darf wie er ist.